Die Klein- und Mittelbetriebe in Spanien suchen Alternativen, um den Mangel an Krediten zu umgehen.
Die Banken limitieren sich derzeit darauf, alte Kredite zu erneuern und dabei die Zinsen zu erhöhen. Risikokapitalgesellschaften und Business Angels nehmen als Finanzierungsmöglichkeit zu. Der MAB (alternativer Börsenmarkt) – eine Option, die noch erkundet werden muss.
Die Anforderungen der Banken an die Klein- und Mittelbetriebe werden immer härter.
Juan Carlos Balido und sein Bruder feiern, obwohl sie nicht einmal wissen, ob es etwas zu feiern gibt. Sie haben erreicht, dass die Bank den Kredit erweitert, den sie als Unterstützung ihrer Schmiede- und Gussfirma erhalten haben. Aber die Zinsen wurden von 3,5% auf 8% erhöht. Trotzdem betrachten sie sich als privilegiert. Und sie sind es. „Die Anzahl der Kredite, die an Klein- und Mittelbetriebe ausgegeben werden, fällt weiterhin. Einen neuen zu erhalten ist praktisch unmöglich, man kann nur auf eine Erneuerung hoffen, und das zu viel härteren Konditionen. Zudem stagnieren die kurzfristigen Liquiditätsfazilitäten praktisch”, sagt Marta Beltrán, Leiterin der Asociación de Empresas Familiares in Madrid (Adefam) (Vereinigung familiärer Betriebe).
Die Situation ist sehr besorgniserregend, da sich die spanische Wirtschaft hauptsächlich auf Klein- und Mittelbetriebe stützt, und diese hängen zu 99% bei der Finanzierung von den Banken ab. „Das Problem ist, dass die spanischen Finanzinstitute internationale Einschränkungen erhalten und sie müssen ihre Bilanz an die neuen Bonitätsforderungen von Basel III anpassen“, sagt Luis de Guindos, Vorstand des Centro de Estudios PwC/IE del Sector Financiero (Forschungsinstitut des Finanzsektors).
Ein Großteil der Kredite wird im Baugewerbe refinanziert.
Die letzten Daten der Spanischen Staatsbank bezüglich der Vergabe von Krediten unterhalb einer Million Euro zeigen einen Abfall während des Monats Jänner um 3.000 Millionen gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr bis zu 13.922 Millionen Euro. Im Jänner 2008 wurde fast die Hälfte der 30.635 gewährt, einige Monate bevor Spanien die Finanzkrise traf. „Das Schlimmste ist, dass sich diese Summe auf Refinanzierungen von Krediten, die an Baugewerbe oder Immobiliengewerbe vergeben worden waren, bezieht. Wenn diese Kredite nicht bewilligt werden, werden diese Unternehmen Bankrott gehen, was wiederum die Finanzinstitute negativ beeinflussen wird, “ erklärt Luis de Guindos.
Jene, die zu einer Bankinstitution gehen, um einen Kredit zu beantragen, haben ungefähr genauso hohe Chance wie bei einer Jagd im Urwald. Man muss viel Glück haben oder ein großes Vermögen als Bürgschaft.
Die Wirtschaftskammer Spaniens zeigte mit einer Studie dass 86% der Klein- und Mittelbetriebe im letzten Quartal von 2010 Probleme hatten die Finanzierung zu erhalten die benötigt wurde. Die Situation in Spanien führt viele Unternehmen in eine Krise, und sie agieren nun nach dem wichtigsten Gesetz des Überlebens: wenn es hier keine „Nahrung“ gibt, müssen sie diese woanders suchen.
Wenn erst einmal die persönlichen Ersparnisse aufgebraucht sind, müssen die Klein- und Mittelbetriebe an die Tür des Instituto de Crédito Oficial ICO (Amtliches Kreditinstitut) klopfen. Die ICO vergibt die Kredite, die Risikobewertung und die endgültige Entscheidung liegen aber bei den Banken. 2010 vergab ICO 291.000 Kredite im Wert von 19.619 Millionen. Firmen, die schon länger als ein Jahr bestanden, erhielten insgesamt 233 Millionen aufgeteilt auf 5.313 Kredite. „Der Schlüssel zu einer Finanzierung sind Bürgschaften und was hier am besten funktioniert ist die Unterstützung der Sociedades de Garantía Recíproca (Gegenseitigkeitsgesellschaften)“, so Quellen der Confederación de Pequeñas y Medianas Empresas (Cepyme) (Konföderation der Klein- und Mittelbetriebe).
Business Angels
Wenn Bürgschaften fehlen, muss man neue Wege der Finanzierung suchen. „Vor einigen Jahren war es eine Beleidigung das Risikokapital eines Familienunternehmens zu erwähnen. Jetzt sind sie reifer geworden und werden immer offener für diese Finanzierungsmöglichkeit“, meint Marta Beltrán von Adefam.
Wie der Name schon sagt, haben die Risikokapitalgesellschaften weniger Angst zu investieren als die Banken und riskieren daher auch mehr. 2010 investierten sie 3.456 Millionen Euro in Klein- und Mittelbetriebe, um 117% mehr als 2009. „Dieser Wechsel hin zu einer Erholung animiert den Sektor und auch die Aufnahmebereitschaft einiger Unternehmen, die bis dorthin sehr davon abgeneigt waren, um externes Kapital anzusuchen,“ erklärt José Tomás Molliner, Vizepräsident von Ascri, der Arbeitgeberverband des Sektors.
Es gab mehr Geld, es wurde aber weniger aufgeteilt: 904 Unternehmen bekamen Unterstützung vom Risikokapital gegenüber 939 im Jahr 2009.
Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit die in Spanien zunimmt sind die so genannten Business Angels („Geschäftsengel“). Es sind Einzelunternehmer, speziell im Sektor der neuen Technologien und dem Internet, die mit ihrem Kapital neue Unternehmer unterstützten. Dieses Phänomen ist einer der Schlüssel für den Erfolg von Silicon Valley californiano und nimmt derzeit in Spanien zu. Unternehmen wie Buy Vip oder Tuenti begannen mit ihrer Unterstützung. Die gesamte Aktivität in diesem Bereich zu kennen ist aber sehr kompliziert. Die Vereinigung Business Angels in Spanien veröffentlicht nur Daten von 2009. Zufolge dieser Daten beträgt die gesamte Finanzierung in ganz Spanien 47 Millionen. „Unsere Investition ist viel höher, es ist aber so dass wir nicht alle vergesellschaftet sind, und uns fehlen immer noch Statistiken“, meint dazu Rodolfo Carpentier, Gründer der DAD und einer der Business Angel, der im Land am bekanntesten sind.
Es gibt immer mehr Mittelbetriebe, die diese Möglichkeit in Erwägung ziehen. Dem MAB zufolge besteht die Möglichkeit für Klein- und Mittelbetriebe seit Juli 2009, und bisher sind bereits 12 Unternehmen dabei. 2010 haben diese Unternehmen 60 Millionen erhalten. Etwa einhundert Unternehmen ziehen die Möglichkeit in Erwägung, auch wenn es noch viel Berührungsangst gibt.
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